VERGANGENHEIT & GEGEWART
Wirthschafts=Eröffnung
Einem verehrten Publikum mache ich hiermit die ergebene Anzeige, daß ich Montag, den 2. April meine neu errichtete Wirthschaft an dem Eck der Siebenhäusergasse eröffne und bitte um geneigten Zuspruch.
Chr. Berthold
Aus: Amts- und Intelligenzblatt, No. 26, 1. April 1866
Seit über 150 Jahren erfährt die Wirtschaft an dem Eck der Siebenhäusergasse geneigten Zuspruch. Das verehrte Publikum aus aller Welt kommt aus sämtlichen Bevölkerungsgruppen immer wieder gerne in das von Oberbürgermeister Karl Horn (* 03.06.1888 Nieder Olm/Rheinhessen + 13.07.1971 Bad Homburg v. d. H) als „Edelstein und Juwel unserer Stadt“ bezeichnete Lokal. Nicht nur die von Christoph Berthold ergebene Anzeige im Amts- und Intelligenzblatt, sondern alle ihm folgenden neun Wirtsleute schenkten dem „Wasserweibchen“ ewige Jugend. Dazu trägt natürlich auch die immerwährende Idylle Am Steinbruch bei, die heute im Sommergarten vis à vis Goethes Ruh` mit allen Sinnen von Mitte Mai bis in den September hinein erlebbar wird. Während dem Gast auf dem Weg in die Wirtschaft „Champagnerduft und Tradition“ begleitet, amtet er im Gasthaus selbst „Genuß und Tradition“ in vollen Zügen. Für dieses ganz besondere Flair verantwortlich ist sicherlich die wechselhafte Nutzung des Hauses und der Räume. Das Haus mit seiner heutigen Postanschrift Am Mühlberg 57 wurde als eines von sieben Häusern gebaut, mit der die Errichtung der Neustadt 1732 endete. Es diente von Anfang an über Generationen der aus Franken kommenden Familie Berthold als Wohn- und Wirkstätte. Am Ende der Landgrafenzeit errichtete der Hofdrechsler Christoph Berthold in einem Teil seiner unteren Wohnräume eine Wirtschaft, die sich heute bis in den ersten Stock erstreckt. Bis in die Gegenwart wurden die oberen Stockwerke vermietet. Auf dem früheren „Werkhof“, auf dem bis Mitte der 1970-iger Jahre Apfelwein gekeltert wurde, entstand das Sommerhöfchen, in dem heute nur noch eingeschränkt bedient werden kann. Offenbar tragen die ehemaligen Wohnräume ganz wesentlich zu der außerordentlich gemütlichen und familiären Atmosphäre im Gasthaus „Zum Wasserweibchen“ bei.
Text: H. Richard Hackenberg